Seit 1988 bin ich nun schon in der X 1/9 - Szene mal mehr und mal weniger aktiv dabei. Grund genug, um diese Zeit im Schnelldurchlauf Revue passieren zu lassen....

 
Wir schreiben das Jahr 1988, der Grundwehrdienst bei der Bundeswehr ist für mich seit Dezember '87 vorbei und mein guter Sylvestervorsatz für das neue Jahr lautet: "Ich brauch' dringend ein anderes Auto!". Mein VW-Passat (Ur-Modell Chromstoßstange) läuft zwar gut, macht aber irgendwie nichts her. Nach reiflicher Überlegung reduziert sich die Auswahl der Autos, die in Frage kommen, auf folgende Liste: Opel GT, Triumph Spitfire, Porsche 924 oder... Halt, was ist das denn? Die Anzeige scheint ja interessant, genau, Fiat hat doch auch so ein nettes Teil, den X 1/9. Da es sich dabei auch noch um das (finanziell) preiswerteste Angebot handelte, wurde kurzerhand ein Besichtigungstermin vereinbart. Dann ging's schnell: gesehen, gefahren, gehandelt, gekauft. Irgendwie hatte ich mich gleich in den Bertone verliebt, da übersieht man schon mal so "geringe" Mängel wie: ehemaliger Totalschaden (Spur nicht mehr einstellbar), Sitze nicht original, ein Kfz-Brief voller Vorbesitzer und unter der dicken Perlmutt-Effekt-Lackschicht blühte der Rost vor sich hin.
Egal, damals hatte ich die Mängel ja nicht wirklich wahrgenommen und so hatte ich zunächst erstmal eine Menge Spaß mit dem Wagen. Nach der Zulassung ging erste Ausfahrt (im Februar) in die City, natürlich offen! Plötzlich fing es an zu schneien und während einer roten Ampelphase wurde schnell das Dach "draufgebaut". Mein Kumpel war nach dieser Fahrt erstmal eine Woche mit Grippe krankgeschrieben - Weichei! Mich störte das Alles nicht, ich hatte Fun! Im März trat ich dann in den Club ein, etwas Hintergrundwissen kann ja nicht schaden. Durch die Clubzeitung erfuhr ich von einem Xie Treffen in Holland. Da wollte ich unbedingt hin, auch um endlich mal ein Paar Gleichgesinnte zu treffen. In der Nacht vor der Abfahrt (und das ist jetzt kein Witz) war ich so aufgeregt, dass ich kein Auge zugetan habe. Also habe ich mitten in der Nacht um 02:00 Uhr meine damalige Freundin geweckt und wir sind aufgebrochen. Den Treffpunkt auf irgendeinem Autobahnrastplatz bei Aachen haben wir also viel zu früh erreicht und haben so den fehlenden Schlaf im Xie nachgeholt. Geweckt wurden wir dann von einem rothaarigen Menschen mit gezwirbeltem Schnauzbart, der an unsere Seitenscheibe klopfte. Schnell registrierte ich, dass sich inzwischen nun weitere X 1/9 eingefunden hatten. Der Scheibenklopfer jedenfalls ging mit gerunzelter Stirn und "Kennermiene" um mein Auto, um mir hinterher wortreich zu erläutern, wie schlecht mein ach so geliebter Bertone denn sei. Na, ich war jedenfalls erstmal bedient.
Glücklicherweise trudelten so nach und nach auch andere X-Piloten ein und einige waren auch zum ersten Male auf einem solchen Treffen. Irgendwann traf dann auch der rote X von Mike auf dem Parkplatz ein. Das war für mich als "Neuling" nun ein echtes Schauspiel. Denn der X 1/9 war im absoluten Top-Zustand. Da ging auch schon mal ein Raunen durch die Menge, als Mike den Motordeckel öffnete. Alles in allem ein gelungenes Treffen, erste Kontakte wurden geknüpft und ich beschloss im August auch zum Nürburgring zu fahren. Daraus wurde dann leider nichts mehr, weil mir kurz vorher die Zylinderkopfdichtung einen Strich durch die Rechnung machte. Im folgenden Winter (ich fuhr nun wieder VW-Passat und hatte den X abgemeldet) wollte ich den Bertone von Grund auf überholen.
  
Dabei wurde mir so nach und nach klar, welche Mängel der Wagen eigentlich wirklich hatte. So machte ich trotzdem weiter, beschloss aber, den Wagen im kommenden Frühjahr zu verkaufen.
 
 
 
 
Er bekam also noch eine toll glänzend roten Lack verpasst und wurde in der örtlichen Annoncen-Zeitung angepriesen.
 
 
 
 
 
  
 
 
 
 oben und links: das Ergebnis konnte sich sehen lassen...
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Kaum hatte ich die Kohle vom Verkauf in der Tasche, suchte ich schon ein Nachfolgemodell. Diesmal ging ich mit viel mehr Fachwissen an die Sache heran und erstand ein 82er Modell aus erster Damenhand mit niedriger Laufleistung und wenig Rost.
   
Nach kleinen Schweißarbeiten ließ ich den unteren Teil (bis zur Sicke) des guten Stücks nachlackieren und war sehr, sehr glücklich mit dem Wagen! Leider nur bis zum August '90, denn an dem besagten Tage kam mir auf einer Landstraße ein wild gewordener Ford Fiesta auf meiner Spur entgegen. Es kam zum Frontalcrash und mein Xie war Totalschaden, an einen Wiederaufbau war nicht zu denken. Glücklicherweise ist mir nichts passiert, was wieder einmal die passive Sicherheit unseres Lieblings unter Beweis stellt.
  
 
Inzwischen hatte ich hier in Hamburg einen "X 1/9 - Stammtisch", die heutige Scuderia (siehe www.ScuderiaX19.de), ins Leben gerufen und so ergab es sich, dass ein Mitglied seinen silbernen Xie verkaufen wollte. Also schlug ich mal wieder zu. Diesen Wagen hatte ich dann endlich mal für längere Zeit, insgesamt 9 Jahre. Die Laufleistung in dieser Zeit betrug fast exakt 100.00 Kilometer. Unter anderem waren Høller und ich 1995 mit dem Wagen auf Tour in Richtrung Süden. Unsere erste Station war ein X 1/9-Treffen in Holland. Dann sind wir weiter zu Bekannten nach München gefahren, um von dort aus den Gardasee zu erreichen. Nach wenigen Tagen ging's weiter Richtung Cote d'Azur und dann nach Monaco zum Formel 1, ein tolles Erlebnis. Am rennfreien Freitag konnte man mit den eigenen Wagen auf der original Rennstrecke fahren. Neben unserem Xie waren diverse Ferrari und Lamborghini unterwegs. Schlussendlich sind wir dann noch über Livorno nach Korsika gefahren. Als wir wieder zurück in Hamburg waren, hatte der X 1/9 5.000 Kilometer mehr auf der Uhr.  ...und alles ohne nenneswerte Panne!
  
So nach und nach erfuhr der Bertone in diesem Zeitraum einige Umbauten, unter anderem CD30, Tieferlegungsfedern, schwarze Innenausstattung und schlussendlich entfernte ich die 1500er Stoßstangen. Natürlich wurde der X weiterhin nur im Sommer bewegt, im Winter musste jeweils immer ein "zuverlässiges" Fahrzeug aus deutscher Produktion herhalten.
  
 
Zwischendurch habe ich dann immer mal wieder den einen oder anderen X 1/9 ausgeschlachtet, so dass die Teileversorgung gesichert war.
Im Jahre 1995 lernte ich meine jetzige Frau kennen und zwei Jahre später war auch bei ihr der X-Virus ausgebrochen. Da ein Ersatz für ihren maroden Opel Corsa mehr als überfällig war,  musste etwas "Neues" her. Bei einem Fiat-Händler in der näheren Umgebung wurde ein X 1/9 der letzten Baureihe angeboten. Erste Hand, wenig Meilen, schicke Farbe. Na ja, da wurde dann nicht mehr lange überlegt - ihr kennt es schon: gesehen, gefahren, gehandelt, gekauft! (siehe Jeannette's X)
Zu diesem Zeitpunkt blühte der Rost an meinem silbernen Xie aber schon immer schlimmer und die TÜV-Besuche machten an immer obskureren Stellen den Einsatz des Schweißgerätes notwendig. Ein Ende war absehbar und so wurde mir irgendwann ein komplett zerlegter 1300er, Baujahr 75 angeboten. Die Karosse war bereits sandgestrahlt, geschweißt und grundiert. Der Vorbesitzer musste das Projekt aus beruflichen Gründen aufgeben. Das war dann doch endlich mal eine vernünftige Basis,  einen "echten" 1300er hatte ich bis dato nicht besessen und so erwarb ich das gute Stück gleich inklusive Bastelmöglichkeit in Form der Übernahme des Mietvertrages für die Scheune. Der Aufbau dieses Xies ist eine Story für sich, inzwischen ist der Wagen seit zwei Jahren zugelassen und wird fleißig bewegt (siehe auch Restauration).
 
Ach so, meinen langjährigen silbernen Freund wollte ich 1999 noch mal für 2 Jahre TÜV- fertig machen und dazu neue Türen einbauen. Die Bestandsaufnahme der A-Säulen ließ das Projekt dann sterben und damit auch gleich den ganzen Xie. Natürlich wanderte nur die Karosse auf den Schrott und der gesamte Rest in mein Teilelager.
Und einen habe ich noch zum Schluss: Ende 1999 wurde mir der X 1/9 eines Freundes im Tausch gegen einen Kasten Bier angeboten. Obwohl ich gerade mit der Renovierung unseres Hauses beschäftigt war, konnte ich bei dem Angebot (mal wieder) nicht "nein" sagen. So nahm ich mir also einen Monat "Auszeit" von der Renovierung und begab mich in die Garage um die Vandalismusschäden an dem Wagen zu beseitigen. Nach Fertigstellung war das dann der einzige X, den ich je im Winter gefahren habe.
Macht eine Menge Fun, gerade bei Schnee! Drei X 1/9 sind aber doch irgendwie einer zu viel und so habe ich den Wagen dann im Sommer 2000 wieder abgestoßen.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Anfang der 2000er Jahre kam dann zum X1/9-Virus noch der Fiat 850 Coupe-Virus dazu. Die Story dazu findet sich auch hier auf der Homepage (siehe 850 Coupe).
Seit meiner ersten aktiven Teilnahme mit dem X1/9 an einer regionalen Slalom-Veranstaltung im Jahr 2005, bin ich nun auch noch vom Motorsport-Virus infiziert. Insbesondere natürlich der historische Motorsport. Wenn dann die Autos ach noch italienischer Abstammung sind, wird's gefährlich. Selber nehme ich mittlerweile mit einem speziell für diesen Zweck aufgebauten X1/9 (die Rennmöhre) an Track-Days und Rundstreckenrennen teil.  
 
Tja, das ist so im Groben meine Story. Natürlich habe ich mit jedem X 1/9 noch viele weitere nette Anekdoten erlebt, sei es auf den diversen Treffen oder auch einfach nur so. Aber das würde den Rahmen dieses Berichts doch noch erheblicher sprengen, als es so schon der Fall ist!
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ich wünsche allen X-Piloten allzeit guten Flug mit dem schönsten Unterlegkeil der Welt!
Michael Vaillant